Der Bunker im 2. Weltkrieg
Paul Bonatz, der Architekt vom Stuttgarter Hauptbahnhof, war auch für die Gestaltung und den Standort dieses Bunkers verantwortlich.In einigen Publikationen wird auch der Wasserturm im Degerlocher Wald Paul Bonatz zugeschrieben, der 1911712 erbaut wurde. Der Bunker am Pragsattel wirkt wie ein großer Bruder dazu. Der Bunker sollte eine Sandsteinfassade erhalten, wofür alle drei Meter ein Betonfries erstellt wurde. Diese Friese sollten als Träger für die Verkleidung dienen. Bonatz fand die Gestaltung von Bunkern eine herausragende Aufgabe für Architekten. So stammt der Bunker der Deutschen Reichsbahn in Berlin in der Albrechtstraße von seinem Bruder Karl . Die Firma Ludwig Bauer aus Stuttgart Ost war das ausführende Bauunternehmen, die Firma Robert Endress führte die Sanitäranlagen aus.
Der Bunker wurde als Polizeibehelfsstelle für den Abschnitt Nord eingesetzt. Diese sollte nach Fertigstellung des Durchbruches des Killesbergstollens (BW 51) in der Robert-Mayer Straße dorthin verlegt werden. Oberbaurat Richard Scheuerle, zuständig für den Bau der Luftschutzbauwerke, fuhr bei jedem Voralarm von seiner Wohnung im Stuttgarter Norden, zum Bunker Pragsattel und wartete dort die Angriffe ab. Von dort aus wollte er gegebenenfalls erste Maßnahmen einleiten.
Der Bunker als Flakturm
Auf dem Dach befanden sich während des Krieges drei 2,0 cm Flakgeschütze (keine Doppelgeschütze) die den Luftraum bis 3000 Meter Höhe absichern sollten. Die Munition für diese Geschütze wurde mit dem Aufzug in den vorletzten Stock transportiert und dann von den Soldaten oder Flakhelfer bis auf das Dach geschleppt. Für die Flakbesatzungen gab es auf dem Dach in der Mitte noch einen kleinen Splitterschutzraum. Die Munition wurde in einer Etage unterhalb des Daches gelagert. Diese befand sich bereits ausserhalb des eigentlichen Schutzbereiches und hatte Fenster.
Der Bunker als Wohnheim
Der Bunker wurde nach dem Krieg als Wohnheim für Männer eingesetzt. 1955 waren in diesem Bunker 130 Männer untergebracht. Betreut wurde das Wohnheim von der Inneren Mission. Die Zustände waren erbärmlich. Zwei Männer teilten sich einen Raum von 5 m²´. Sie zahlten dafür 6 DM Miete je Woche. Das Wohnheim wurde von der Evangelischen Gesellschaft Stuttgart betreut. Die Belüftung erfolgte über die Lüftungsanlage aus dem Krieg, an der Ermangelung an Fenstern. Für eine Dauerbelüftung war diese ungeeignet. Aus den Lüftungsrohren kam Staub und Schmutz, der sich an den Wänden und an den Möbeln ablagerte. Der Bunker wurde von drei Bunkerwarten betreut, von denen mancher die Lüftungsanlage gar nicht einschaltete. Dementsprechend waren auch die Luftzustände in diesem Bauwerk. Wenn ein Bewohner auszog erhielt der Nachfolger dessen Matratze ohne jegliche Reinigung, selbst wenn der Vorbesitzer Bettnässer war. Zum 9. Januar 1964 wurde der Pragbunker als letzter Bunker, der als Notunterkunft diente, geräumt. Die dort untergebrachten Männer beziehen ein Wohnheim der Heilsarmee in der Hauffstraße und in dem 1963 neu eröffneten Heim in der Nordbahnhofstraße.
Der Bunker im Kalten Krieg
Nach dem Auszug der letzten Bewohner wurde der Bunker wieder dem Zivilschutz zugeführt und für die Belange des Kalten Krieges umgebaut. Im oberen Stockwerk wurden Räume für eine Messstelle der Radioaktivität eingerichtet (BAMSt - Beobachtungs- und ABC-Meßstellen). Anschlüsse dafür sind auch heute noch vorhanden. Geräte dafür gab es aber zu keinem Zeitpunkt. Es war auch nur eine Unterbringung von wenigen Tagen vorgesehen - kein Langzeitaufenthalt. Eine eigene Notstromversorgung im Gebäude gab es nicht. Es ist ein Anschluß für ein mobiles Aggregat am Osteingang vorhanden, an dem dies angedockt werden kann.
Die größte Werbeplattform in Stuttgart
Viele kennen diesen Turm nur als größte "Lithfasssäule" in Stuttgart. Weil zu Beginn als erstes eine große Leuchtreklame von Bosch mit einer Zünkerze als Leuchtreklame zu sehen war, wurde der Bunker als "Boschturm" betitelt. Für die Anbringung der Werbung sind an die Stadt Stuttgart Miete zu entrichten, die sich heute auf einen hohen 5-stelligen Betrag summiert. Der Bunker wurde in den 80er Jahren nach den Entwürfen von Waltraud Bücheler aus Hedelfingen farblich bemalt. Waltraud Bücheler hatte einen Wettbewerb über die Außengestaltung gewonnen. Sie war eigentlich nur für den Entwurf zuständig, führte aber die Bemalung auch selbst durch, als der Firma welche die Ausführung ausführen sollte, dies zu schwierig erschien. Die Künstlerin hatte in ihrem Entwurf berücksichtigt, dass die damals vorhandenen Leuchtreklamen sich in die Gestaltung integrierten. Vom Motiv ließ sie sich durch die umgebenden Industriebauten inspirieren. Die Bemalung hat inzwischen sehr gelitten. Die Videowand kam in den 90er Jahren hinzu. Ab September 2013 hat die Firma Bosch den Vertrag für ihre Lichtwerbung nicht mehr verlängert. Anstatt des Bosch Schriftzuges, der dem Turm seinen Namen gegeben hat, tritt der Werbeschriftzug der Firma Mahle. Die Videowand wurde 2023 auf LED Betrieb umgestellt.