Bereits am 12. September 1933, wenige Monate nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten, wurde eine Beratungsstelle für Luftschutzbauten im 1. Stock der Markthalle eingerichtet. Bei einer von der NSDAP veranstalte Messe in der Stuttgarter Gewerbehalle, einer Art Jahrmarkt, machte die Partei mit einer Ausstellung auf den Luftschutz aufmerksam2. Mit der Veröffentlichung des Luftschutzgesetzes am 26. 5. 1935 wurde für den Bau von Luftschutzräumen intensiv geworben. In der Stadt werden hohe rote Blechbomben auf hölzernen Sockeln mit der Aufschrift „Luftschutz tut not“ aufgestellt, die zum Bau von Luftschutzräumen und zur Entrümpelung des Dachbodens aufrufen. Die Luftschutzverordnung von 1937/38 regelte für die Industrie den Luftschutz und die entsprechende Ausstattung für den Werkluftschutz. IBereits 1934 waren alle deutschen Städte nach dem Grad ihrer Luftschutzgefärdung eingeteilt worden. Dafür gab es 3 Stufen. Die Städte mit kriegswichtiger Industrie waren alle in der Stufe I. Ordnung eingeordnet, darunter Stuttgart und weitere 62 Städte. Dabei war nicht die Bevölkerung ausschlaggebend, sondern alleinig der Wert der Industrie. In Baden Württemberg gab es nur zwei Städte die in der Kategorie 1 eingeordnet wurden - Mannheim und Stuttgart.
Oberbaurat Richard Scheuerle wurde am 21. November 1940 von Oberbürgermeister Karl Strölin in der Stadtverwaltung mit der Erstellung von Luftschutzbauwerken beauftragt. Der Vorschlag Scheuerles den Wagenburgtunnel als Luftschutzgroßanlage zu bauen setzt sich bei den Beiräten durch. Der Vorschlag von Stadtrat Dr. Schwarz einen Tunnel vom Marienplatz bis zum Hauptbahnhof mit einer Länge von 1300 Metern und einer Unterführung zwischen Schulstraße und Büchsenstraße die als Luftschutzbauwerke dienen sollen zu bauen, wird abgelehnt.12 Schwarz war der größte Widersacher von Scheuerle. Die Streitigkeiten arteten bis zur persönlichen Beleidigung aus und die nur mit Mühe von Strölin besänftigt werden konnten.
Gauleiter Murr ersuchte Strölin bei Bauwerken, die sichtbar sind, darauf einzuwirken, dass diese sich ins Stadtbild einfügen sollten. Ein Gremium legte verschiedene Standorte fest. Je nach Standort und den dortigen Gegebenheiten waren dort Tiefbunker oder Hochbunker vorgesehen. Die Pläne und Standorte der Hochbunker wurden mit Prof. Paul Bonatz abgesprochen, dem auf einer Rundfahrt auch alle erwogenen Standorte gezeigt wurden. Bonatz hatte nur geringe Änderungsvorschläge und war mit den Lösungen einverstanden. Auf seine Initiative sollten die oberirdischen Luftschutzbauten mit Werkstein verkleidet werden, damit sie sich so besser in das Stadtbild integrieren. Bonatz war der Auffassung, dass die Gestaltung der Luftschutzhochbauten eine architektonisch und städtebaulich dankbare Aufgabe bietet.5 Trotz einer baulichen Vielfalt, gab es ein gewisses "Standartmodell" bei den Hochbunkern, das 9-mal in Stuttgart verwirklicht wurde. Die Bunker wurden nach den Plänen des "Regelbauwerks Typ B" gebaut. Es unterscheidet sich nur in der Anzahl der Stockwerke. Sie hatten alle ein Walmdach und eine quadratische Grundfläche.(z.B. Steinhaldenfeld, Wallmersiedlung, Wolfbusch). Die Waschtröge waren aus säurebeständigem Poroton und die Fußböden waren Steinholzfußböden aus Magnesit, das unter dem Handelsnamen Casalith von der Firma Eugen Käser aus Bad Cannstatt vertrieben wurde. Dieses Material war besonders feuerfest, durfte aber ab Sept. 1940 nicht mehr verwendet werden.(vermutlich zu teuer, weil Rohstoff aus der Schweiz kam)
Ab Februar 1940 wurden alle zivilen Bauvorhaben eingestellt und nur noch kriegrelevante Bauten wie Bunker gebaut.
Im August 1941 waren 21 Architekten unter der Aufsicht von Scheuerle mit den Planungen und Umsetzung für Luftschutzbauten beschäftigt. An den Bunkern waren zu diesem Zeitpunkt 797 deutsche Arbeiter und 887 Kriegsgefangene beschäftigt. . Die Bauten reichten für ca. fünf Prozent der Bevölkerung aus. Scheuerle veranlasste den Ausbau von 6170 Kellern zu Luftschutzräumen. Die Baufirmen mussten für diesen Zweck extra Mitarbeiter abstellen die einen Lohnzuschlag von 48 Prozent erhielten.5 Auf öffentliche Luftschutzräume (Standorte Öffentlicher Luftschutzraum wurde mit entsprechenden Luftschutzbeschriftungen in Stuttgart auf der Straße die Bevölkerung informiert. Der Notausstieg aus einem Kellerfenster oder Lichtschacht wurden mit Trümmerschutzüberdeckungen ausgestattet. Zur Beseitigung der Bombenschäden gehörten zwei Kriegsgefangenenkommandos. Dazu zählten 227 sowjetische Offiziere und 440 holländische Kriegsgefangene und einer Gruppe von 91 Ostarbeitern. Zu den Luftschutzbaumaßnahmen gehörte auch der Bau von Fluchttunneln von einem Keller zum Nachbarkeller. Somit waren ganze Straßenzüge unterirdisch miteinander verbunden, sogenannte Bauwichgänge. Bis Mai 1944 waren dies 4725 Stück und beliefen sich auf eine Gesamtlänge von 27 Kilometern. Bis zum Ende des Krieges kam sogar eine Länge von 32 Kilometern zusammen.(Der Bauwich ist im schwäbischen der Abstand zwischen zwei Häusern) Ab 1943 kam der Bau von Pionierstollen hinzu und ab 1944 die Förderung zum Bau von Kleinbunkern, die vorrangig von entlegenen Gebäuden dienen sollten. Am 29. Mai 1943 verfügt Strölin, die völlige Beseitigung von Bretterverschlägen auf Dachböden. Das Material soll zur Reparatur von Luftangriffsschäden dienen. Auf Erlass des Polizeipräsidenten vom 29. Juli 1943 werden auf Kosten des Kriegsschädenamtes brandgefährdete Holzteile Feuer hemmend imprägniert.
Am 23.Mai 1944 berichtet OB Karl Strölin der Ratsversammlung, dass für die 352.000 Einwohnern Stuttgarts zu diesem Zeitpunkt, rund 477.000 Schutzraumplätze zur Verfügung stehen. Nach den schweren Juli Angriffen 1944 gab es keine neuen Projekte mehr, ausser dem Bau von Pionierstollen. Die Menschen trauten ihren Schutzräumen im Keller nicht mehr.
Strölin verbrachte die letzten Kriegstage jede Nacht in einem anderen Stollen. Er suchte nicht nur Schutz vor Angriffen, sondern vor der Gestapo. Er war beim Regime in Ungnade gefallen. Anfangs Februar 1945 sollten die Bunker und Stollen für die militärische Verteidigung genutzt werden. Strölin erhielt aber die Zusicherung von Oberst von Scholley, dem Standortkommandanten, dass die Schutzanlagen der Bevölkerung zur Verfügung stünden. Dies hinderte aber Parteileute nicht, die Bunker als Waffenlager zu nutzen. Am 23. März holten dann die Volkssturmeinheiten zur Erleichterung der Bevölkerung die Waffen aus den Bunkern zur Verteidigung Stuttgarts wieder ab.
.... Chronologie des Stuttgarter Luftschutzes
... der häusliche Luftschutz