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Pershing Rakete

 

"Able Archer Manöver"

Das Manöver fand vom 2. - 9. November 1983 statt, unmittelbar nach dem jährlich stattfindenden "Revorger Manöver". Diese außergewöhnliche Situation versetzte die Sowjets in größte Aufregung. Die gesamtpolische Lage zu dieser Zeit, veranlasste die Sowjets zum einzigen Mal in der Zeit des Kalten Krieges, dass Flugzeuge mit atomaren Bomben bestückt wurden und in der Nacht vom 1. auf den 2. November mit laufenden Triebwerken bereit standen.

... Chronologie über den Zivilschutz im Kalten Krieg

Der "zweite" Kalte Krieg

Mitte der 70er Jahre entdeckten die Amerikaner bei der Auswertung von Spionagebildern ein bis dahin unbekanntes neues Waffensystem in der westlichen Sowjetunion. Es handelte sich dabei um ein Raketensystem für Mittelstrecken, die mit Mehrfachsprengköpfen bestückt und äußerst transportabel waren. Es handelte sich dabei um die SS 20 Raketen. Die Amerikaner sahen darin keine zusätzliche Gefahr für ihr Land, aber die Europäer, allen voran der deutsche Bundeskanzler Helmut Schmidt. Die Europäer sahen eine Abschreckungslücke die sich auftat und den europäischen Raum bedrohte. Vor allem Helmut Schmidt misstraute den Amerikanern, dass sie, wenn Europa angegriffen wird, mit Langstreckenraketen zur Hilfe eilen würden. Schmidt überzeugte Carter, dass hier eine Lücke besteht. Die Amerikaner wurden überzeugt, dass Mittelstreckenraketen namens Pershing in Deutschland stationiert werden sollen. Amerika konnte sich mit diesem Vorschlag anfreunden, da Moskau mit gleichwertigen Waffen angegriffen werden konnte, Washington aber nicht. Die Reichweite einer Mittelstreckenrakete beträgt 2.000 km und konnte Moskau von europäischem Boden in ca. 5-8 Minuten erreichen. Schmidt wollte der Sowjetunion damit ein Drohpotenzial aufbauen und in einem Zeitraum von 3 Jahren verhandeln, um damit diese Waffentechnologie nicht installieren zu müssen. Es sollte damit das Ungleichgewicht einer atomaren Kurzstreckenbedrohung für den Westen begegnet werden. In Moskau schuf dies Ängste und es blieb der Sowjetunion kaum Zeit darauf zu reagieren. In Ostberlin befürchtete man, dass Deutschland zu einem atomaren Schlachtfeld werden könnte.

1979 entstand in Brüssel der NATO-Doppelbeschluss unter Hans Apel, dem alle Mitglieder der NATO zustimmten. Der Beschluss sah vor, dass die Sowjetunion die Bedrohung durch die SS 20 durch Verhandlung zurücknimmt, ansonsten wird die Bedrohungslage durch die Nachrüstung mit Pershingraketen wieder ausgeglichen.

Der so genannte Zweite Kalte Krieg begann 1981 mit dem Machtwechsel in Washington durch die Wahl von Reagan. Ronald Reagan wollte ein Ende der Entspannungspolitik. Er will die Amerikaner einen neuen Kampfgeist und ein neues Nationalitätsgefühl vermitteln. Die Sowjetunion rüstete deshalb weiter auf. Eine neue Phase des Wettrüstens begann. Helmut Schmidt versuchte dem entgegenzuwirken, in dem er Breschnjew vorschlug, die SS 20 wenigstens hinter den Ural zurückzunehmen. Breschnjew lehnte diesen Vorschlag kategorisch ab, vielleicht unter dem Eindruck der stetig wachsenden Friedensbewegung oder seiner inzwischen mangelnden Flexibilität. Im November 1981 begannen die Verhandlungen in Genf zwischen der Sowjetunion und den Amerikanern. Wie man heute weiß, verhandelten die Amerikaner nicht mit der Intensität, weil sie das System letztendlich haben wollten.  Die Sowjets befürchteten einen neuen Krieg, weil sie glaubten, der Westen rüste auf. Aus Furcht wird Panik als Reagen das Raketenabwehrprogramm SDI proklamiert. Der sowjetische Geheimdienst, der KGB, setzte seinen größten Auslandsspionageeinsatz in Gang, unter anderem mit dem Topagent "Topas".

Der Agent übermittelte vom NATO-Hauptquartier alle Fakten genauestens. Er übermittelte selbst Kleinigkeiten, die er sonst aussortiert hätte, weil er seine Auftraggeber überzeugen wollte, dass ein Angriff nicht geplant ist.  Die Sowjets ließen in ihrem Land alle Führungsbunker modernisieren und hielten ihre Waffenbrüderstaaten zu der gleichen Maßnahme an. Alle Schutzeinrichtungen wurden vervollständigt. Auch der Westen modernisierte seine Bunker.

Die Friedensbewegung hatte einen reichlichen Zulauf. Bis 1983 unterschrieben 4.000.000 Menschen den Appell auf den einseitigen Verzicht von Mittelstreckenraketen an die Bundesregierung. Immer mehr Menschen sahen in der Politik eine Gefahr für den Frieden. Allen voran kämpfte der ehemalige General Bastian, politisch verankert bei den Grünen, mit Petra Kelly gegen diese Politik. Im November 1983 kommt es darüber zur Abstimmung  im Bundestag. Der Antrag zur Nachrüstung wurde mit 286 zu 226 Stimmen angenommen. Nur wenige Stunde nach dieser Abstimmung wurden die ersten Raketen an ihren Bestimmungsort gebracht. Diese Stellungen waren damit potentielle Ziele des Ostblockes. Das Misstrauen bei den Sowjets war so groß und steigerte sich zu einer Kriegspanik, als das Programm SDI, ein Programm zur Raketenabwehr im Weltraum, gestartet wurde. Als es zum Manöver "Abel Archer" kam, konnten sie gerade noch einmal überzeugt werden, dass es sich nicht um einen Angriff handelt. Laut Aussage des damaligen amerikanischen Verteidigungsministers war SDI kein militärisches Programm, sondern eine Wirtschaftsstrategie. Die Sowjets sollten durch die Bekämpfung dieses Systems mehr Geld ausgeben, als ihre Wirtschaftskraft es zulässt. 8 Jahre nach der Nachrüstung war die Sowjetunion finanziell nicht mehr in der Lage dagegen zu halten und man einigte sich auf einen Abrüstungsvertrag. Die Pershingraketen wurden abgebaut und verschrottet. Die ehemaligen Stellungen sind heute verwaist. Die Sowjets waren wirtschaftlich nicht mehr in der Lage das Wettrüsten fortführen. Es kam zu Abrüstungsverhandlungen.

Die Berliner Mauer fiel am 9. November 1989. Die Republik der Sowjetunion zerfiel unter dem Eindruck der Wirtschaftskrise im Ostblock. Das östliche Verteidigungsbündnis, der Warschauer Pakt, löste sich 1991 auf. Der Kalte Krieg war vorbei.
Berliner Mauer
 

40 Minuten vor dem 3. Weltkrieg

Am 26. September 1983 schlugen das sowjetische Frühwarnsystem "Oko"(Auge) Alarm. Es meldeten den Start von amerikanische Interkontinentalraketen, welche die Sowjetunion innerhalb 40 Minuten erreichen. Oberleutnant Petrow, zuständig für die Überwachung, ignorierte diese Meldung, obwohl sein System vier weitere Starts meldete.  Er stellte fest, dass die Marine der Nato in ihren Heimathäfen weilte und die Raketenstarts nur von einem Stützpunkt kamen. Er diagnostizierte darum, dass es sich um einen Fehlalarm handeln müsste. Er verstieß damit gegen seine Befehle. Obwohl er richtig gehandelt hatte, wurde er gemaßregelt, weil er dagegen verstoßen hatte. Ihm ist es zu verdanken, dass die Lage nicht eskalierte. Sein Handeln wurde im Westen erst 1990 publik. Am 24.Februar 2012 wurde er mit dem Deutschen Medienpreis ausgezeichnet.

Oberstleutnant Stanistaw Petrow
geboren 9. Mai 1939 Ukraine
gestorben am 19. Mai 2017 in Moskau Frjasino