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Aufbau der Warnämter

Bei der Gründung der Bundesrepublik Deutschland im September 1949 herrschte noch die Ansicht vor, auf Schutzmaßnahmen für die zivile Bevölkerung bei Kriegshandlungen vollkommen verzichten zu können. Am 27. Juli 1951 stimmten die Westalliierten der Durchführung ziviler Luftschutzmaßnahmen in der Bundesrepublik Deutschland zu. Das Bundesinnenministerium richtete darauf hin am 24. November 1951 die Abteilung VI "Hauptausschuss Luftschutz" ein, am 11. Dezember 1953 ging hieraus die Bundesanstalt für zivilen Luftschutz (BzL) hervor. Die verfassungsrechtlichen Grundlagen für den Aufbau einer zivilen Verteidigung - und als Teil dieser eines Warndienstes - wurden erst am 26. März 1954 durch eine Änderung des Grundgesetzes geschaffen. In Artikel 73 Nummer 1 des Grundgesetzes wurde dem Bund eine ausschließliche Gesetzgebungskompetenz auf dem Gebiet der Verteidigung einschließlich des Schutzes der Zivilbevölkerung eingeräumt. Nach dem Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zur NATO im Mai 1955 wurde schon einen Monat später ein vorläufiges Luftschutzprogramm in die Wege geleitet, in dem bereits das Konzept des Warndienstes enthalten war. Mit einer weiteren Grundgesetzergänzung vom 19. März 1956 wurde der Bund ermächtigt, im Bereich der Verteidigung und des Zivilschutzes eine bundeseigene Verwaltung einzuführen. Am 10. Oktober 1957 trat schließlich das Erste Gesetz über Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung (ZBG) in Kraft, in welchem auch die Einrichtung eines Luftschutz-Warndienstes und der örtlicher Alarmdienste festgeschrieben wurde. Am 5.12.1958 wurde schließlich das Bundesamt für den zivilen Bevölkerungsschutz aus der Taufe gehoben, dem von diesem Zeitpunkt auch die Zuständigkeit für den Warndienst oblag.

Die Aufgaben des Warndienstes der Bundesrepublik Deutschland, die 1957 in den Paragraphen 7 und 8 des Zivilschutzgesetzes festgeschrieben wurden, unterschieden sich praktisch kaum von denen des Warndienstes während des Zweiten Weltkriegs und lauteten:

  • Erfassung von Gefahren und Auswertung der Gefahreninformationen.
  • Öffentliche Warnung vor den Gefahren, die der Bevölkerung in einem Verteidigungsfall drohen mit Hilfe von Sirenen und über den Rundfunk.
  • Öffentliche Entwarnung nach dem Ende der unmittelbaren Gefahren mit Hilfe von Sirenen und über den Rundfunk.
  • Laufende Durchsagen über die Gefahrenlage an Behörden und größere Betriebe, die lebens- und verteidigungswichtige Aufgaben zu erfüllen haben.

Die Anfänge des Warndienstes der Bundesrepublik Deutschland

Zunächst teilte die Planungsgruppe Warnämter in der BzL die Bundesrepublik in zehn, in der Größe jeweils einem mittleren Bundesland entsprechende Warngebiete auf. Bei der Abgrenzung der Warngebiete waren die Ländergrenzen, die Bevölkerungsdichte, die mögliche Luftgefährdung und die Struktur des Fernmeldenetzes der Bundespost maßgeblich. Die großen oder dicht besiedelten Bundesländer Bayern, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen wurden hierbei in jeweils zwei Warngebiete aufgeteilt, die Stadtstaaten Hamburg und Bremen sowie das Saarland wurden in die sie umgebenden Warngebiete mit einbezogen. Anschließend wurde mit der Einrichtung so genannter Planungsämter begonnen. Ihre Aufgabe bestand darin, die technischen Rahmenbedingungen und Bedarfsträger zu ermitteln und die Einrichtung der späteren Warnämter vorzubereiten. Gleichzeitig begann man mit der Planung und Projektierung der Bauwerke für den Warndienst. Die Entwicklung der benötigten Fernmeldetechnik (vor allem Weitverkehrs-Durchsagetechnik für die Warnstellen und die Steuerung der ebenfalls bundesweit verteilten Sirenen) wurde den Unternehmen Siemens und SEL übertragen, die auch schon während des Zweiten Weltkriegs die Technik des damaligen Luftschutz-Warndienstes geliefert hatten. Die Entwicklung der benötigten Technik, die es erlauben sollte, die über das Bundesgebiet verteilten Sirenen zentral auszulösen und über die gleichen Leitungen die Warnstellen zu besprechen (d.h. Durchsagen zu machen), erfolgte in einer Gemeinschaftsproduktion, d.h. daß die Geräte beider Firmen sowohl im Aussehen als auch in ihrem Aufbau identisch waren. Die Erprobung verlief erfolgreich und es wurden jeweils fünf Geräte von Siemens und fünf Geräte von SEL bestellt.

Als Planungsamt konnte das erste Warnamt seine Arbeit in den Räumen des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden schon am 16. Februar 1956 aufnehmen. Mindestens ein weiteres Planungsamt entstand in Düsseldorf. Diese Vorläufer-Ämter verfügten nur über einen kleinen Personalstamm - neben dem Leiter gab es nur noch einen Fernmelde-Oberwerkmeister, einen Kraftfahrer sowie einen Sachbearbeiter und eine Schreibkraft für Verwaltungsaufgaben.

Nach dieser Phase folgten die so genannten "Vor-Provisorien" bzw. "provisorischen Warnämter", die - noch ohne eigene Gebäude - aufgrund der dort vorhandenen Anschlussmöglichkeiten meist in Räumen der Deutschen Bundespost untergebracht wurden. im Mai 1959 wurde das Warnamt VI in einer Verstärkerstelle der DBP in der Albert-Franke-Straße in Usingen (Technik) bzw. im Landratsamt Usingen (Verwaltung) in Betrieb genommen, das Warnamt I im Keller der Kieler Hauptvermittlungsstelle im Knooper Weg, das Warnamt V im zweistöckigen Keller des Rheinstahl-Hauses Düsseldorf.

Während die provisorischen Warnämter ihren Betrieb aufnahmen, wurde bereits nach geeigneten, endgültigen Standorten gesucht. Die jeweils etwa 16.000m2 großen Gelände sollten im industriearmen, ländlichen Raum, aber nah an einer DBP-Verstärkerstelle einer Fernkabel-Kreuzung liegen. Als die einzelnen Lagen feststanden, zogen die provisorischen Warnämter mitsamt der Technik in Behelfsbauten auf den Grundstücken der DBP-Verstärkerstellen bzw. teilweise direkt auf die neuerworbenen Liegenschaften um. Noch bevor alle endgültigen Warnämter fertig gestellt und eingerichtet waren, kam es zum ersten und einzigen echten Vorwarnfall in der Geschichte des Warndienstes der Bundesrepublik. Während der Kuba-Krise blieb das Personal des Warndienstes vom 24. bis 29 Oktober 1962 fünf Tage und Nächte lang ständig einsatzbereit und alle Warnleitungen im Bundesgebiet waren geschaltet.

Jedes Warnamt war nun in seinem Warngebiet direkt für die Erfüllung der Aufgaben des Warndienstes zuständig. Hierfür waren in Friedenszeiten pro Warnamt neben dem jeweiligen Warnamtsleiter dreißig hauptamtliche Bedienstete, darunter fünf Einsatzleiter sowie maschinen- und fernmeldetechnisches Personal zuständig. Für den Ernstfall und für Übungen wurde dieses Stammpersonal zur Ermöglichung eines 24-Stunden-Betriebs durch 34 nebenamtliche Mitarbeiter und 147 freiwillige Helfer ergänzt.15 www.geschichtspuren.de