Nach dem Krieg war das Wohnen in Bunkern ein verbreitetes Mittel, den akuten Fehlbestand an Unterkünften zu beheben. Die Alliierten hatten auf ihrem Kontrollratsbeschluss Nummer 23 entschieden, dass sämtliche Schutzbauwerke gesprengt oder anderweitig entfestigt werden. Die Militärs stellten aber schnell fest, dass dies auf Grund des großen Zerstörungsgrades der Städte nicht durchführbar ist. Die festen Bauwerke wurden dringend als Lager- und Wohnräume gebraucht. Es wurden deshalb alle Bunker als Wohnheime für einen unterschiedlichen Personenkreis benutzt. Die großen Stollen, sofern sie im Krieg nicht von den Militärs benutzt wurden, wurden als Materiallager genutzt. Den Stollen Höhbergstraße in Wangen erwogen die Militärs als Kriegsgefangenenlager zu nutzen. Diese Idee wurde aber sehr schnell wieder verworfen. Die Stollen mit einem militärischen Hintergrund, wie zum Beispiel der Killesbergstollen, wurden bereits 1945 durch Sprengung unbrauchbar gemacht. Die Bunker mit ihrer „Wabeneinteilung“ boten die geeignetsten Voraussetzungen, da sie einer Wohnung mit Zimmern glichen. Bei Tiefbunkern hatte solch ein Zimmer eine Größe von 6 qm. Die Enge der Bunker führte zu kolossalen zwischenmenschlichen Spannungen. Um die Betreuung der Menschen kümmerten sich verschiedene karitative Einrichtungen. In Stuttgart war dies unter anderm das Diakonische Hilfswerk der evang. Kirche, dem zu dieser Zeit der spätere Bundestagspräsident Eugen Gerstenmaier vorstand. Weitere Organisationen waren die Caritas und die Heilsarmee.
Die Organisationen hatten jeweils einen Hausmeister oder Betreuer vor Ort, der für Ordnung sorgte und die ständigen Streitigkeiten schlichten musste. Der Alkohol war hauptsächlich unter den männlichen Bewohnern ein verbreiteter Begleiter. Es musste aber trotzdem eine Miete an die Betreuung/Verwaltung der betreffenden Organisation des Bunkers für diese Unterkünfte bezahlt werden. Pro Kabine waren 6 Mark pro Woche zu entrichten, einerlei ob eine Kabine mit einer oder mehreren Personen belegt war. Dieser Betrag beinhaltete alle Kosten wie Heizung, Licht und Reinigung.
Oft war selbst dieser kleine Betrag für manchen Bewohner nicht erschwinglich und es kam zum Räumungsurteil durch die Gerichte. Die Umsetzung des Rechts ließ sich aber nicht durchführen, weil für die Menschen kein anderer Wohnraum vorhanden war. Der erste Schwung einer Bunkerbelegung waren Menschen aus Stuttgart, die ihr Heim durch Bombenangriffe verloren hatten. Dieser Personengruppe konnte relativ rasch eine neue Bleibe in Stuttgart verschafft werden, dank weiterer Angehörigen, Freunden oder Bekannten, die sich gegenseitig halfen und die andere soziale Kontakte an ihrem Heimatort hatten. Für die Flüchtlinge aus den deutschen Ostgebieten waren die Bunker für lange Jahre ein Auffangbecken als Wohnraum. Aber auch ehemalige Angehörige der Wehrmacht, die nicht mehr in die besetzten Ostgebiete zurück konnten, lebten in speziell dafür ausgewiesenen Bunkern.
Bei Kriegsende zählte Stuttgart 265.000 Einwohner. Für diese genügte der erhalten gebliebene Wohnraum und er reichte auch aus, die 1945 zurückströmenden 110.000 Menschen notdürftig unterzubringen. Im Februar 1946 verzeichnete Stuttgart 375.000 Einwohner. Davon waren 663 Menschen in Bunker wohnend gelistet. Der Begriff Elendsquartier wurde für diese Art der Unterkunft kreiert. Alle Bemühungen sie zu beseitigen wurden durch den nicht endend wollenden Zustrom verhindert. Ein Teil dieser nach Stuttgart zurückflutenden Menschen konnten nur in Bunkern untergebracht werden. Von den 25.000 Menschen, die zwischen Februar und August 1946 dazukamen, mussten 104 Personen in Bunkern untergebracht werden. Im Herbst 1946 hausten bereits 1.739 Personen in Bunkern. Die höchste Zahl wurde 1948 erreicht mit 2.309 Personen. Ab diesem Zeitpunkt sank die Zahl ganz langsam. Sobald jemand aus dem Bunker umquartiert werden konnte, rückten andere Personen nach, die es bis zu diesem Zeitpunkt noch schlechter gehabt haben. Für sie war die Bunkerwohnung der erste Schritt ins neue Leben in einer aufstrebenden Großstadt. Zum Stichtag 1. Juli 1949 wohnten in den Bunkern 792 Personen, bestehend aus 257 Familien mit 294 Kindern, 881 alleinstehende Männer und 56 alleinstehende Frauen, also insgesamt 1.729 Personen.
Vorrang bei der Umquartierung hatten Familien mit Kindern, die in Tiefbunkern wohnten. Hier wurde berücksichtigt, dass ein Organismus der Licht, Luft und Sonne braucht, Schaden nehmen muss. Nicht vergessen darf man auch den psychischen Druck, der ein längeres Wohnen in diesen Verhältnissen mit sich brachte.
Um die Wohnungsmisere in den Griff zu bekommen, wurde mit der Zuzugsbeschränkung und mit einer Wohnraumzwangsbewirtschaftung versucht der Lage Herr zu werden. Es war aber ehemaligen Stuttgartern ein Zurückkehren in ihre Stadt nicht zu untersagen.1949 waren dies immerhin noch 20.000 Menschen.
Bei den Hochbunkern wurde durch Einsprengen von Fenstern und zusätzlichen Türen eine Verbesserung erzielt. Der Stuttgarter Gemeinderat beschloss im Herbst 1949 für die in Bunkern untergebrachte Familien zinslose Darlehen zu gewähren. Die Höhe betrug 1.500 DM je Wohneinheit und konnte bis auf 3.000 DM aufgestockt werden.
Ein Schlaglicht auf die angespannte Situation warf ein Selbstmord einer 37 jährigen Frau, Mutter von 2 Kindern am 15. April 1950. Die Familie wohnte im Sonnenbunker in Bad Cannstatt und hatte Mietschulden. Es wurde ein Räumungsurteil erlassen. Da aber kein Ersatzwohnraum beschaffbar war, konnte das Urteil nicht umgesetzt werden. Während ihr Mann vor Gericht war, schied sie aus dem Leben. Das Wohnungsamt gab anlässlich dieses Vorfalls bekannt, dass 631 rechtskräftige Urteile zur Zwangsräumung nicht umgesetzt werden konnten, weil kein Ersatzwohnraum vorhanden war. Da der Sonnenbunker der Bunker im schlechtesten Zustand war, sollte dieser zuerst geräumt werden.
Bunker und ihre Belegung