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Stollen in der Nachkriegszeit

In der Nachkriegszeit war der Stollen ein Abenteuerspielplatz für die Kinder und Jugendlichen von der Gänsheide. Es gab kein Licht mehr und so konnten sie den Stollen nur mit einer Taschenlampe oder Kerzen betreten. Die Taschenlampen bekamen sie von den GI´s welche den Wachdienst der Villa Clay versehen. Die Soldaten müssen sehr nett gewesen sein und schenkten den Kindern auch immer wieder Schokolade.
Die unmittelbare Nachbarschaft des Stollens zur Villa des Oberkommandierenden bewirkte, dass die Stadtverwaltung bestätigen musste, dass es keine Verbindung vom Stollen zur Villa gab. Die Amerikaner hatten dies als eine Sicherheitslücke ausgemacht.
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BW 71 Staatsministerium



Standort (hier Plan anklicken)
Die Villa Reitzenstein wurde 1910-1913 von den Architekten Hugo Schlösser und Johann Weirether für die Baronin Helene von Reitzenstein gebaut. Nur 9 Jahre verbrachte die Baronin in ihrem neuen Zuhause. Während des Ersten Weltkriegs diente das Gebäude als Reservelazarett für Offiziere. Das Anwesen wurde 1922 für 400 000 Goldmark an die württembergische Landesregierung verkauft. Seit 1925 residierte hier jeweils der regierende Staatsminister. Geplant war das Reichsverwaltungsgericht unterzubringen. Diese Absicht zerschlug sich. Ab 1933 wurde für 12 Jahre die Villa der Sitz des Gauleiters und örtlichen Parteileiters der NSDAP, Wilhelm Murr. In dieser Zeit wurde der Stollen unter dem eigentlichen Keller für den Statthalter Hitlers erbaut. An der Erbauung haben Häftlinge und Fremdarbeiter maßgeblich mitgewirkt, vermutlich unter Anleitung von Bergleuten aus dem Ruhrgebiet. Neben Murr und seiner Entourage aus der Villa, fanden auch Nachbarn von der Villa Schutz in der Stollenanlage.Gegenüber von der Villa befand sich ein Internat von Diplomaten, die im Ausland ihren Dienst versahen. Diese Schüler hatten ebenfalls Zugang zu diesem Stollen. Dies berichtete die ehemalige Hausmeisterin. Die Hausmeisterin und ihre Tochter durften während deren Läusebehandlung nicht in den Stollen, da das Mittel gegen die Läuse so erbärmlich stank. Sie mussten im Vorraum Platz nehmen. Für bis zu 1850 war der Stollen gebaut, wovon sich bis 200 Personen auch für einen mehrtägigen Aufenthalt vorgesehen waren. Gerüchte besagen, dass Murr über einen der Stollenausgänge die Flucht aus Stuttgart kurz vor dem Einmarsch der alliierten Truppen angetreten hat. Den Befehl das ganze Anwesen zu sprengen wurde missachtet. Sämtliche Eingänge in den Außenbereichen wurden verfüllt und sind zugemauert.
Von den abgebildeten Stollenstühlen, die sich bis 2017 noch im Stollen befanden, kamen laut Inventarlisten einige in die Villa Franck nach Murrhardt. Diese Villa gehörte bis 1948 der Stadt Stuttgart und wurde als Erholungsort für verdiente Parteigenossen genutzt. Die Villa Franck sollte von den Amerikanern bei der Besetzung Deutschlands beschossen werden, da man hier geflüchtete Parteigrößen aus Stuttgart vermutete. Ein "Monumentman"  der amerikanischen Armee konnte dies verhindern, mit Verweis auf die kulturhistorische Bedeutung.

Der Stollen ist heute abgeteilt. Ein Teil ist dem Staatsministerium zugehörig, der andere Teil beherbergte von der Uni Stuttgart seismologische Geräte und Aufzeichnungen von Seismogrammen. Es werden hier auch immer noch Aufzeichnungen von den seismologischen Aktivitäten in Stuttgart gemacht. Bei den Aufzeichnungen befindet sich auch ein Datenblatt von der Nacht vom 24. auf den 25. Juli 1944. Hier lassen sich die schweren Erschütterungen durch diesen Bombenangriff nachvollziehen. Die Aufzeichnungen enden dann abrupt. Mit Bleistift ist vermerkt: "Luftangriff auf Stuttgart. Strom setzte aus."
Inzwischen sind die Teile des Stollens, welche sich außerhalb des Geländes vom Staatsministerium befinden, in Privatbestz. Der Zugang zum Stollen auf dem Privatgrundstück muss aber laut Denkmalamt erhalten bleiben. In den Stollenteil der sich direkt unter der Villa befindet, wurde 2016 ein Wärmetauscher für die Heizung der Villa installiert. Im Winter sorgt er für Wärme, im Sommer für Kühlung. Das Kondenswasser eines Lufttrockners wird heute in ein altes Abwasserrohr entsorgt. Daraus lässt sich schließen, dass die alte Entwässerung auch heute noch an das Abwassernetz angeschlossen ist und funktioniert,

Bilder des Stollens ...

Stühle die früher die Sitzgelegenheiten im Stollen waren. Ein Stuhl befindet sich als Leihgabe des Haus der Geschichte in der Ausstellung "Stollen" des Vereins Schutzbauten Stuttgart in Feuerbach

Beschilderung der der BuG Lüftungsanlage am Stollenabgang. Leider sind diese Schilder im Rahmen der Renovierung der Villa 2016 verschwunden.


Der Seismograf im Stollen

Die gelagerten seismologischen Aufzeichnungen. Im Vordergrund die Aufzeichnung vom 24./25.Juli 1944
Mitte der 80er Jahre wurde das alte seismografische Gerät durch ein neues Aufzeichnungsgerät ersetzt. Die alten Aufzeichnungen wurden 2015 nach Freiburg gebracht.