Zur Tarnung durch eine Vernebelung bot sich Stuttgart, dank seiner topografischen Kessellage, besonders an.
Am 27. Februar 1941 wurden die ersten 7 Vernebelungsanlagen nach Dr. Brüninghaus, aus Bad Cannstatt aufgestellt. Als Chemikalie zur Nebelbildung wurde Chlorsulfonsäure eingesetzt. Eine am 10. April 1942 veranlasste Vernebelung des Neckartals hatte gravierende Folgen. Der Einsatz führte zu Beschwerden wegen der starken Beschädigung der Vegetation. Hunderte von Obst- und Gemüsebauern verlangen Schadenersatz. Obstbäume mussten z. B. gefällt werden, weil sie verdorrt waren. Auch die Industrie beschwerte sich, da alle Metallteile stark korrodierten. Trotzdem bestand das Luftgaukommando auf der Einnebelung des Daimler-Areals. Dazu wurden auf den Brücken des Neckars Vernebelungsgeräte aufgestellt. Austropfende Chemikalien die in den Neckar gelangten, führten zu einem Fischsterben. Ab 28. September 1942 wurde mit einem neuen Mittel (Ammoniumchlorid) die Vernebelung erneut getestet. Mit dieser Chemikalie treten keine Korrosions- und Vegetationsschäden mehr auf.
Bei einer Übung am 6. Oktober 1942 wird mit diesen Mittel der Talkessel mit einem dichten Schleier aus 47 Nebelquellen überzogen. Darunter gab es auch so genannte Nebelkästen, die jeweils von einem Nebelbeauftragten gewartet wurden
Nebelkästen am Sindelfingener Daimler Gelände Daimler AG
Dazu gehörten das Reinigen und Befüllen der Anlage. Die Beschaffung des neuen Vernebelungspulvers ergab aber große Schwierigkeiten. Erst nach Intervention von Oberbürgermeister Karl Strölin bei Gauleiter Murr wurde eine entsprechende Zuteilung von 1500 Kilogramm bewilligt. Gegen Ende 1942 konnte das Verneblungsmittel flächendeckend eingesetzt werden. Zusätzlich zu den Nebelschleudern nach Dr. P. Brüninghaus, wurden kleine Nebelkästen im Stadtgebiet verteilt. Diese wurden bei Voralarm durch die Flak elektrisch gezündet. Zusätzlich zu den von der Wehrmacht betriebenen Anlagen im Neckartal werden auf 180 Dächern Nebelschleudern verbaut. Dazu kommen zehn mobile Nebelgeräte auf Lastwagen, die je nach Witterung im Stadtgebiet platziert werden. Laut den noch vorhandenen Listen gab es 41o Stellen, an denen Nebelkästen aufgebaut waren. In Feuerbach waren diese durchweg bei Firmen, wie z. B. bei Kiefer, Gretsch Unitas, Zimmermann, Werner & Pfleiderer,
Nebeltöpfe gezündet am Lemberg, Feuerbach
Die Chemikalie erhielt den Tarnnamen "Badesalz". Die Nebelkästen wurden regelmäßig durch dafür eingesetzte Nebelwarte betreut. Sie erhielten eine Schaufel mit denen sie die Reste der abgebrannten Chemikalie in mitgelieferte Pappbehältnisse entfernen mussten. Bis zum Herbst 1942 blieb Stuttgart vor weiteren Bombardierungen verschont. Ein letzter Angriff bei welchem die Vernebelung funktionierte, war am 20. Dezember 1942. Am 13. Januar 1943 wurde die Zahl der Vernebelungsmaschinen auf 98 Stück erhöht. Auf den Höhelagen von Stuttgart wurde nur in Vaihingen, Möhringen und Rohr im Juni 1943 jeweils eine Nebelschleuder aufgestellt. Die Weite der Filderebene war aber für diese Art der Tarnung ungünstig, da sich der Nebel hier nicht hielt. Trotz der Einnebelung wurde Stuttgart gefunden. Die neue Technologie "Radar" bei den britischen Fliegern ermöglichte ein Auffinden der Stadt. Trotz dieser Tarnung. Eine Vernebelung war als Tarnung deshalb nicht mehr wirkungsvoll und wurde eingestellt.
Oberbürgermeister Strölin erhielt von seinen Mitarbeitern im Rathaus zu seinem 53. Geburtstag ein Model der Nebelmaschine Brüninghaus geschenkt. Dieses Model dürfte bei der Zerstörung des Rathauses im Juli 1944 verbrannt sein.